Testamentsvollstreckung – Insolvenz – Pflichtteil

§ 2213 BGB Gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Nachlass

(1) Ein Anspruch, der sich gegen den Nachlass richtet, kann sowohl gegen den Erben als auch gegen den Testamentsvollstrecker gerichtlich geltend gemacht werden. Steht dem Testamentsvollstrecker nicht die Verwaltung des Nachlasses zu, so ist die Geltendmachung nur gegen den Erben zulässig. Ein Pflichtteilsanspruch kann, auch wenn dem Testamentsvollstrecker die Verwaltung des Nachlasses zusteht, nur gegen den Erben geltend gemacht werden.

(2) Die Vorschrift des § 1958 findet auf den Testamentsvollstrecker keine Anwendung.

(3) Ein Nachlassgläubiger, der seinen Anspruch gegen den Erben geltend macht, kann den Anspruch auch gegen den Testamentsvollstrecker dahin geltend machen, dass dieser die Zwangsvollstreckung in die seiner Verwaltung unterliegenden Nachlassgegenstände dulde.

Ausgangsfall:
Die Erblasserin war zum Zeitpunkt ihres Ablebens im Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratet. Sie hatte aus dieser Ehe drei Kinder, die allesamt im Bereich der Augsburger Gastronomie tätig sind. Da die Erblasserin auch zu ihrem Ehemann in finanziellen Dingen – er bestreitet in München einen Autohandel mit exklusiven Automobilien – wenig Vertrauen hatte, setzte sie alle (Ehemann und Kinder) zu Erben gemäß der gesetzlichen Erbquote ein und ordnete Dauertestamentsvollstreckung für 30 Jahre an. Den Söhnen gefiel diese testamentarische Anordnung überhaupt nicht und schlugen die Erbschaft aus und verlangten ihren Pflichtteil.

Der Pflichtteil ist nicht bei dem Testamentsvollstrecker anzufordern, sondern bei den Erben, hier also dem Ehemann. Der Testamentsvollstrecker kann lediglich erklären, er werde den Pflichtteil auszahlen, wenn er nicht zustimmt, müssen die Söhne Klage gegen den Testamentsvollstrecker erheben mit dem Antrag, die Zwangsvollstreckung in den Nachlass zu dulden.

Nach einiger Zeit gerät der Ehemann wegen der Finanzkrise in eine finanzielle Schieflage, es blieben die Autokäufer der exklusiven Marken wie Lamborghini, Ferrari, Bentley aus, und über sein Vermögen wird das Insolvenzverfahren eröffnet.

In seinem Vermögen befindet sich der Nachlass seiner verstorbenen Ehefrau.

Ein der Testamentsvollstreckung unterliegender Nachlass fällt mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Erben (Ehemannes) in die Insolvenzmasse. Der unter Testamentsvollstreckung stehende Nachlass, der in die Insolvenzmasse fällt, bildet bis zur Beendigung der Testamentsvollstreckung eine Sondermasse, auf die die Nachlassgläubiger, also die Söhne als Pflichtteilsberechtigte, nicht aber die Erbengläubiger Zugriff nehmen können. Der gegen den Erben wegen des Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruchs zu führende Rechtsstreit ist nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über dessen Vermögen gegen den Insolvenzverwalter, und nicht gegen den Testamentsvollstrecker, zu richten. Ein Infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochener Prozess gegen den Erben ist gegen den Insolvenzverwalter aufzunehmen. Die Verurteilung des Insolvenzverwalters zur Zahlung wegen eines Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruchs gegen den Schuldner ist auf den vom Testamentsvollstrecker verwalteten Nachlass zu beschränken. Bei Testamentsvollstreckung kann der Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen den Schuldner in voller Höhe zur Tabelle angemeldet und durch Urteil festgestellt werden (BGH, Urteil vom 11.05.2006).