Zehn-Jahres-Frist – Pflichtteilsergänzungsanspruch – Schenkungswiderruf

A) Pflichtteilsergänzung

Nach der derzeitigen Rechtsprechung beginnt die in § 2325 Abs. 3 S. 2 BGB vorgesehene Zehn-Jahres-Frist für Schenkungen, die zu Ansprüchen auf Pflichtteilsergänzung führen können, frühestens mit der wirtschaftlichen Ausgliederung des Schenkungsgegenstands aus dem Vermögen des Schenkenden.

Festzuhalten ist, dass bei Grundstücksschenkungen der Beginn der Zehn-Jahres-Frist nicht vor der Eintragung des Rechtsübergangs im Grundbuch festzuhalten ist.

Wenn der verschenkte Gegenstand, beispielsweise eine Immobilie, unter Nießbrauchs- bzw. Wohnrechtsvorbehalt übertragen worden ist, beginnt die Zehn-Jahres-Frist nicht zu laufen. Dies bedeutet, dass der Pflichtteilsberechtigte diese Schenkung unter Nießbrauchs-/Wohnrechtsvorbehalt dann auch in den fiktiven Nachlass hineinrechnen kann, selbst wenn diese Schenkung länger als 10 Jahre vor dem Ableben des schenkenden Erblassers vorgenommen worden ist. Kurz gesagt, die Wohnrechts-/Nießbrauchseinräumung hemmt die Zehn-Jahres-Frist.

Allerdings ist zu beachten, dass das Wohnungsrecht oder das Nießbrauchsrecht sich nicht nur auf einen kleinen Teil des geschenkten Gegenstands beziehen darf, sondern dass der verschenkte Gegenstand zu einem größeren Prozentsatz von den beiden vorerwähnten Rechten in Anspruch genommen wird.

B) Schenkungswiderruf

Anders ist es beim Schenkungswiderruf. Eine Schenkung kann wegen Verarmung des Schenkers innerhalb von zehn Jahren widerrufen werden. Dies kommt gerade dann vor, wenn der Schenkende bedürftig wird im Rahmen eines Umzugs in ein Pflegeheim.

Der BGH hat am 19.7.2011 entschieden, dass die Einräumung eines Nießbrauchs/eines Wohnungsrechts bei einem Schenkungswiderruf nicht die Zehn-Jahres-Frist hemmt. Es liegt hier also eine unterschiedliche Behandlung im Erbrecht-Schenkungsrecht vor.

Wenn also die Hausschenkung im Jahr 2001 erfolgte und

der Schenkende 2012 auf Grund von beispielsweise Demenz in ein Pflegeheim umsiedeln muss und

das Einkommen und Vermögen auch unter Einbeziehung der Pflegeversicherung nicht reicht

– selbst wenn Nießbrauchsvorbehalt/Wohnrechtsvorbehalt vereinbart ist –

kann es nicht mehr zum Schenkungswiderruf kommen.

Gegebenenfalls wird der Sozialhilfeträger, der dann einspringen muss, den Kapitalwert des Wohnungsrechts bzw. Nießbrauches geltend machen.

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