In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Finanzennummer 231 vom 04.10.2024 Seite 27 führte Frau Madeleine Brühl aus was folgt:
„Britta Winkler und ihr Lebensgefährte Ansgar Schreiber genossen das Leben, gingen in die Oper, trafen Freunde und fuhren in den Urlaub. Bis Schreiber einen schweren Schlaganfall erlitt und alles veränderte. Durch Wiedererwarten erholte er sich sehr gut, lernte wieder sprechen, begann wieder zu lesen, konnte ein wenig laufen. Doch teilweise Lähmungen blieben und für Frau Britta Winkler begann ein Pflegemarathon.
Sobald sich sein Gesundheitszustand besserte, ließ Schreiber mit einem Notar eine Vorsorgevollmacht für seine Partnerin aufsetzten. „Dank seines finanziellen Polsters und meines guten Einkommens konnte ich die Pflege zu Hause und Pflegedienst, private Pflegekräfte und Therapeuten organisieren“ erzählte Frau Winkler, wobei die Namen frei erfunden sind“, so die Autorin dieses Artikels. Frau Madeleine Brühl.
Sie führte dann weiter aus in ihrem Artikel: „ein paar Jahre nach Schreibers Tod erhielt seine Lebensgefährtin Anwaltspost. Schreibers Erben forderten eine Aufstellung aller Kosten und Ausgaben während der Pflegejahre und die Zahlung von Rund 500.000,00 €.“
Im Weiteren wird ausgeführt, dass eine Vorsorgevollmacht wie folgt zu errichten sei: „ein weiterer Vorteil der notariellen Beglaubigung ist, dass die Vorsorgevollmacht auf Wunsch über den Tod hinaus wirksam bleiben kann. Das ist wichtig, damit finanzielle Angelegenheiten bis zur Eröffnung des Testaments weiterhin geregelt werden können.“
Hier wird übersehen, dass auch in einer privatschriftlichen Vorsorgevollmacht selbstverständlich explizit geregelt werden kann, dass die Vollmacht über den Tod hinaus gilt. Es wird komplett übersehen, dass jede Vollmacht, außer es ergibt sich aus ihr etwas anderes, über den Tod hinaus wirksam bleibt. Selbst die Verwendung von 08/15-Vorsorgevollmachtsformularen aus dem Internet (Ich rate ausdrücklich von deren Verwendung ab) bleiben über den Tod hinaus wirksam. Nach deutschem Recht braucht es überhaupt nicht den Hinweis, dass eine Vorsorgevollmacht über den Tod hinaus wirksam bleiben soll. Die Formulierung wird nur deswegen mitaufgenommen, um vollkommen klarzustellen, dass die Vollmacht weiterbesteht.
Weiterhin wird ausgeführt: „Was soll in einer Vorsorgevollmacht stehen? Beim Erstellen kommt es auf Vollständigkeit an. Nur das, was in der Vorsorgevollmacht steht, darf auch gemacht werden“, sagt die Rechtsanwältin, die von der Autorin Frau Madeleine Brühl wohl bei Erstellung des Artikels befragt worden ist, Frau Katrin Bender, Notarin und Fachanwältin für Familienrecht in der Kanzlei Reinke & Partner.
Es wird dabei übersehen, dass mit einer einfachen Generalvollmacht sämtliche vermögensrechtlichen Positionen bereits abgedeckt sind. Eine Einzelerwähnung muss gerade nicht stattfinden.
Im medizinischen Bereich oder bei freiheitseinschränkenden Maßnahmen, sollte dies in der Vorsorgevollmacht miterwähnt werden.
Es wird dann rechtsverwirrend ausgeführt: „Gibt es mehrere Bevollmächtigte und gilt die Vorsorgevollmacht über den Tod hinaus, kann der Verfasser festlegen, dass die Bevollmächtigten untereinander nicht befugt sind die Vollmacht des anderen zu widerrufen. Sonst käme es zu einer Art Wettrennen.“
Die Verknüpfung von Vorsorgevollmacht über den Tod hinaus und Ausschluss des gegenseitigen Widerrufs, sind nicht denknotwendig.
Selbstverständlich kann geregelt werden, dass die Bevollmächtigten sich die Vollmacht nicht gegenseitig entziehen können, dies ist aber vollkommen unabhängig ob es sich um eine Vollmacht und zwar eine notarielle Vollmacht über den Tod hinaus handelt.
Gerade dann, wenn der Bevollmächtigte Schenkungen machen darf, sollte hier schon eine detaillierte Auflistung vorgenommen werden in welcher Höhe und ggf. an welchen Personenkreis.
Bei Schenkungen ist eine notarielle Beglaubigung überhaupt nicht Voraussetzung für die Möglichkeit Barschenkungen oder Sachschenkungen vorzunehmen. Wenn es sich allerdings um Schenkungen im Immobilienbereich handelt, ist die notarielle Beglaubigung absolut notwendig.
Es ist zu trennen zwischen einer notariell beglaubigten Vorsorgevollmacht und notariell beurkundeten Vorsorgevollmacht. Für die notariell beglaubigte Vorsorgevollmacht erhält das Notariat ca. 95,00 €.
Die Beglaubigungen können auch vorgenommen werden durch zur Sieglung berechtigter Beamter von kreisfreien Städten.
Dann kostet die Beglaubigung im Regelfall zwischen 15,00 € – 25,00 €.
Davon zu unterscheiden ist die notarielle Beurkundung der Vorsorgevollmacht. Die Gebühren bei der notariellen Beurkundung richten sich nach dem Vermögen, wobei der Betrag nach oben bei ca. 1.500,00 € gedeckt ist. Nur in diesem Fall nimmt das Notariat eine sachgerechte Prüfung vor und haftet auch dann für eine potentiell fehlerhafte Vorsorgevollmacht.
Die Ausführungen zur Rechnungslegung ist ein Problem. Es wird ausgeführt im Artikel: „Wenn man nicht will, dass der Bevollmächtigte gegenüber den Erben Rechenschaff ablegen und Rechnungen nachweisen muss, muss das unbedingt explizit in die Vorsorgevollmacht schreiben. Doch es gibt auch Ausnahmefälle, in denen dann nicht möglich ist – beispielsweise bei Verdacht auf Missbrauch seitens der Bevollmächtigten.“
Diese Ausführungen im Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung von Frau Madeleine Brühl ist hoch kritisch. Zahlreiche Gericht vertreten nämlich die Auffassung, dass die Niederlegung eines Verzichts auf Auskunfts- und Rechnungslegung in der Vorsorgevollmacht unabhängig, ob es sich um eine privatschriftliche oder notarielle Vorsorgevollmacht handelt, nicht greift.
Hierbei muss man wissen, dass die Erteilung von Vorsorgevollmachten an Ehepartner prinzipiell als Gefälligkeitsvertrag gesehen wird, bei dem hier auf Auskunft und Rechnungslegung konkludent verzichtet wird. Wenn Vorsorgevollmacht erteilt wird Kindern und sonstigen Personen, wird von einem ggf. unentgeltlichen Dienstvertrag ausgegangen, der allerdings kein Gefälligkeitsverhältnis ist und dass aus diesem Grund hier Auskunft und Rechnung zu legen ist.
Was in diesem Artikel überhaupt fehlt ist der alles entscheidende Punkt:
Der Dienstvertrag zwischen dem Vollmachtgeber und dem Bevollmächtigten. Gerade dieses Schriftstück fehlt bei nahezu 95% aller Fälle. Es fehlt deswegen, da es mit der meisten Arbeit verbunden ist. Im Dienstvertrag müssen die gegenseitigen Rechte und Pflichten niedergelegt werden.
Es kann verglichen werden mit der Situation, dass eine GmbH einem zum Geschäftsführer bestellt. Dieser hat dann aufgrund Gesetzes Vollmacht, die GmbH zu vertreten. Hier ist es doch ganz klar, dass jede GmbH mit dem Geschäftsführer einen Vertrag schließt und nichts anderes ist es bei der Vorsorgevollmacht. Zwischen jedem Vollmachtgeber und jedem Bevollmächtigten muss es einen Dienstvertrag geben.
Es zeigt sich hiermit einmal wieder, dass das Thema Vorsorgevollmacht auch von Vorsorgevollmacht in seiner Breite nicht einmal von überregionalen Tageszeitungen in aller Tiefe in einem Zeitungsartikel erfasst wird, sondern dass gerade das Wesentliche übersehen wird.