Italien: Pflichtteilsrecht

Das italienische Erbrecht gewährt/garantiert den nächsten Angehörigen des Erblassers eine Beteiligung am Nachlass des italienischen Erblassers auch gegen dessen Willen.

Art. 457 Absatz 3 schränkt die Testierfreiheit des Erblassers zugunsten der nächsten Angehörigen ein. Die testamentarischen Verfügungen dürfen die Rechte der Pflichtteilsberechtigten nicht beeinträchtigen. Dem Pflichtteilsberechtigten muss ein Teil verbleiben. Dieser wird reserva genannt.

Das italienische Pflichtteilsrecht ist ein echtes Erbrecht, ein sogenanntes Noterbrecht.

Der Enterbte wird Pflichterbe und dadurch Miterbe mit allen sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten.

Die letztwillige Verfügung eines italienischen Erblassers, welche die Pflichtteilsrechte einschränkt, wird nicht automatisch nichtig und das Noterbrecht fällt auch nicht von selbst an, sondern muss durch eine Herabsetzungsklage geltend gemacht werden gemäß Art. 554.

Bis zur Rechtkraft des Urteils sind die testamentarischen Verfügungen gültig.

Der Pflichtteilsberechtigte wird durch Erhebung seiner Herabsetzungsklage bereits zum Erben.

Pflichtteilsberechtigte Personen nach Art. 536 sind

  • der überlebende Ehegatte
  • die Kinder und deren Abkömmlinge.

Kinder erhalten nach Stämmen die Hälfte des Nachlasses, wenn ein einziges Kind vorhanden ist und 2/3 des Nachlasses, wenn mehrere Kinder vorhanden sind.

Die Berechnung des frei verfügbaren Nachlassteils erfolgt nach folgendem Verfahren, wobei Art. 556 zu beachten ist:

1. Bildung des Aktivvermögens des Erblassers
2. Abzug der Verbindlichkeiten
3. Hinzurechnungen von Schenkungen.

Dieses Vermögen wird dann in zwei Teile aufgeteilt; einerseits in einen Teil, der den Verfügungen des Erblassers entzogen ist (la quota non disbonibile) und den zur freien Verfügung des Erblassers verbleibenden Teil (la porzione disbonibile).

Wie oben ausgeführt, muss der Pflichtteilsberechtigte, um als Noterbe Miterbe zu werden, die Herabsetzungsklage erheben.

Die Herabsetzungsklage hat als Ziel die Kürzung der testamentarischen Zuwendungen.

Bei pflichtteilswidrigen Zuwendungen von Grundstücken gelten die Sonderregeln des Art. 560.

Die Herabsetzungsklage ist zu richten gegen

  • die Erben
  • die Vermächtnisnehmer
    oder gegen
  • den oder die Beschenkten.

Die Herabsetzungsklage kann auch in Form einer Gestaltungsklage vor einem deutschen Gericht erhoben werden.

Die Herabsetzungsklage muss innerhalb einer 10-jährigen Verjährungsfrist eingereicht werden.

Der Erbe ist nicht berechtigt, dem klagebefugten Pflichtteilsberechtigten eine Frist zu setzen, innerhalb der er erklären muss, ob er Herabsetzungsklage erhebt oder nicht.

Das Herabsetzungsurteil verpflichtet den Beschenkten zur Rückübertragung der pflichtwidrig zugewendeten Vermögenswerte an die Nachlassmasse.

Grundstücke kann der Pflichtteilsberechtigte von Erwerbern in gleicher Weise herausverlangen wie vom Zuwendungsempfänger.