Güterstand in Deutschland im Erbfall

Welche Güter zählen zum Gemeinschaftsvermögen? Welche Güter zählen zum Eigenvermögen der Ehegatten? Was hat dies für Auswirkungen im Erbfall?

Der gesetzliche Güterstand in Deutschland ist die sog. Zugewinngemeinschaft. Die Zugewinngemeinschaft ist eine Gütertrennung. Das Vermögen der Eheleute wird nicht gemeinschaftliches Vermögen (§ 1363 Abs. 2 BGB) durch die Vereinbarung. Dies gilt gleichfalls für Vermögen, das ein Ehegatte nach der Eheschließung erwirbt. Der Zugewinn (Mehrwert), den die Ehegatten in der Ehe erzielen, wird jedoch in Geld ausgeglichen, sobald die Zugewinngemeinschaft, durch Scheidung oder Tod, endet. Die Ehegatten sind in Hinblick auf Verfügungen über ihre Güter in aller Regel keinen Beschränkungen unterworfen und müssen nicht für Schulden des anderen einstehen.

Zum Gemeinschaftsvermögen zählen nur Vermögenspositionen, die von den Eheleuten gemeinsam erworben worden sind bzw. wenn einer der Eheleute den anderen Ehepartner Teile hiervon übertragen hat.

Zum Eigenvermögen eines Ehepartners zählen alle Vermögenswerte, die er
bei Verheiratung hatte,
während der Ehezeit sich gekauft hatte,
während der Ehezeit durch Erbfolge, Vermächtnis oder Schenkung erhielt.

Der Zugewinn errechnet sich wie folgt:

Beispiel I:

Am Anfang der Ehe hat EP1 ein Vermögen von 100.000,00 €. Er erbt von seinen Eltern einen Betrag von 50.000,00 €. Am Ende der Ehe hat er ein Vermögen von 120.000,00 €. EP hat keinen Zugewinn ((100.000,00 € + 50.000,00 €) – 120.000,00 €) = negativ

Beispiel I (1):

Wie oben jedoch ohne Erbschaft:
120.000,00 € Endvermögen – 100.000,00 € Anfangsvermögen (ohne Indexierung, ergibt einen Zugewinn von 20.000,00 €.

Beispiel I (2):

Wie I (1), wobei bei EP die Vermögenssituation wie folgt sich darstellt:
Bei Eingehung der Ehe kein Vermögen, bei Ende der Ehe ein Vermögen von 30.000,00 €. EP1 hat einen Zugewinn von 20.000,00 €, EP2 hat einen Zugewinn von 30.000,00 €. EP2 muss als Ausgleich (30.000,00 € – 20.000,00 €) : 2 = 5.000,00 € an EP1 bezahlen.

Bestehen rechtliche Vermutungen in Bezug auf die Zuordnung bestimmter Güter?

Eine (widerlegbare) Vermutung, nach der Vermögensgegenstände einem der Ehegatten gehören, existiert zugunsten von Gläubigern und ist insbesondere im Rahmen der Zwangsvollstreckung von Bedeutung, dies sind Gegenstände, die in den Privaträumen eines Ehepartners sind. Auch ein, auf nur einen Ehepartner zugelassener, PKW kann darunterfallen. Der Ehepartner kann aber einwenden, dies stehe im hälftigen Miteigentum.

Sollten die Ehegatten ein Vermögensverzeichnis erstellen? Besteht eine Formvorschrift für das Vermögensverzeichnis?

Es gibt keine Vorschriften, die zur Erstellung eines Vermögensverzeichnisses verpflichten. Die Anfertigung eines Vermögensverzeichnisses bei Beginn der Ehe („Anfangsvermögen“) erleichtert allerdings die Nachweisführung für den während einer Ehe erwirtschafteten Zugewinn der Ehegatten. Wird kein Verzeichnis über das Anfangsvermögen aufgenommen, wird widerlegbar vermutet, dass das Endvermögen eines Ehegatten seinen Zugewinn darstellt (§ 1377 Abs. 3 BGB). Es wird also unterstellt, dass der Ehepartner ohne Anfangsvermögen in die Ehe gegangen ist und auch keine Schenkungen erhalten hat, sowie aus Erbschaften nichts erhalten hat.

Für die Form eines Vermögensverzeichnisses gibt es keine Formvorschrift. Gerade bei Erwerben aus Erbschaften, insbesonders Vorerbschaften, empfiehlt es sich dringend, ein entsprechendes Verzeichnis zu erstellen. Vorteilhaft kann es auch sein, wenn die Eheleute getrennte Konten führen.

Wer ist für die Verwaltung des Vermögens zuständig? Wer ist berechtigt, darüber zu verfügen? Darf ein Ehegatte das Vermögen alleine verwalten und darüber verfügen oder ist die Zustimmung des anderen Ehegatten erforderlich (z.B. im Fall der Verfügung über die Ehewohnung)? Welche Folgen hat die fehlende Zustimmung für die Gültigkeit eines Rechtsgeschäfts und im Verhältnis zu Dritten?

Die Ehegatten können während der Ehe frei über ihr jeweiliges Vermögen verfügen.

Der Grundsatz der freien Verfügungsgewalt ist jedoch wie folgt eingeschränkt:

Jeder Ehepartner ist selbst berechtigt sein Vermögen zu verwalten, d. h. beispielsweise Aktien zu kaufen und zu verkaufen. Diese ausschließliche Selbstverwaltung führt dazu, dass bei Geschäftsunfähigkeit eines der Ehepartner, der andere Ehepartner nicht befugt bzw. berechtigt ist, das Vermögen zu verwalten. Um die Verwaltung sicherzustellen, ist es notwendig, dass die Eheleute sich beispielsweise Vorsorgevollmachten erteilen. Wenn Immobilienvermögen vorhanden ist, ist die Vorsorgevollmacht entweder notariell zu beurkunden bzw. notariell zu beglaubigen.

  • Über sein Vermögen im wesentlichen Ganzen kann ein Ehegatte nur mit Zustimmung des anderen Ehegatten verfügen. Die Rechtsprechung lässt für das „Vermögen im wesentlichen Ganzen“ einen Vermögenswert ausreichen, der ca. 70-90 % des Vermögens des verfügenden Ehegatten entspricht (§ 1365 BGB). Diese Voraussetzungen können bei Verfügungen über Immobiliarvermögen in der Praxis häufig erfüllt sein. Der Verkauf eines PKW fällt im Regelfall nicht darunter.
  • Darüber hinaus kann ein Ehegatte über (in seinem Alleineigentum befindliche) Gegenstände des ehelichen Haushalts nur mit Zustimmung des anderen Ehegatten verfügen § 1369 BGB, wobei diese Vorschrift kaum Bedeutung hat. Die „Ehewohnung“ selbst wird nicht zu den Gegenständen des ehelichen Haushalts gerechnet; hier sind in der Praxis indes häufig die Voraussetzungen des § 1365 BGB erfüllt.

Erteilt der andere Ehegatte die Einwilligung nicht vorab, ist das Geschäft schwebend unwirksam und hängt von der Genehmigung durch den Ehegatten ab (§ 1366 Abs. 1 BGB). Wird diese endgültig nicht erteilt, ist das Geschäft unwirksam. Das Familiengericht kann die Zustimmung des Ehegatten in bestimmten Fällen ersetzen. Fordert ein Dritter seinen Vertragspartner auf, die Zustimmung des Ehegatten einzuholen, muss diese binnen zwei Wochen erklärt werden; ansonsten ist das Geschäft endgültig unwirksam. Es muss dann im Streitfall das Familiengericht entscheiden, ob die Zustimmung überhaupt erforderlich ist.

Gibt es Rechtsgeschäfte, die von nur einem der Ehegatten abgeschlossen werden, aber dennoch auch den anderen binden?

In der Regel tätigt jeder Ehegatte Rechtsgeschäfte nur mit Wirkung für und gegen sich selbst. Jedoch kann ein Ehegatte für den anderen Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens abschließen, die dem Haushalt gewidmet sind und ein den Lebensverhältnissen der Ehegatten entsprechendes Maß nicht übersteigen § 1357 Abs. 1 BGB, was aber höchst selten ist und in der gerichtlichen Praxis nahezu keine Rolle spielt. Da diese Rechtsgeschäfte nur einen sehr geringen Umfang haben, sind sie erbrechtlich bedeutungslos.

Wer haftet für Schulden, die während der Ehe eingegangen wurden? Welche davon fallen in den Nachlass des verstorbenen Ehepartners? Welches Vermögen darf von den Gläubigern zur Befriedigung ihrer Forderungen herangezogen werden?

Beide Ehegatten haften prinzipiell nur für die von ihnen selbst eingegangenen Schulden, sofern nicht ausnahmsweise der andere Ehegatte gemäß § 1357 Abs. 1 BGB verpflichtet wurde. Außerhalb dieser Sonderregelung steht nur das Vermögen desjenigen Ehegatten zur Verfügung, mit dem sie sich vertraglich gebunden haben oder der ihnen aus anderen Gründen (etwa deliktisch) haftet. Auf den Erbfall bezogen sind bei den Nachlasspassiva, diejenigen Verbindlichkeiten aufzuführen, die der Ehepartner beispielsweise vertraglich eingegangen ist, beispielsweise eine Ratenkredit, aber auch Verbindlichkeiten aus Abgaben oder Steuern. Neben dem anderen Ehepartner haftet er nur dann, wenn das Darlehen gemeinsam aufgenommen worden ist. Gleichfalls besteht eine deliktische Haftung, beispielsweise aufgrund einer Sachbeschädigung nur bei dem Ehepartner, der den Schaden angerichtet hat.

Die Zwangsvollstreckung wird durch eine widerlegbare Eigentumsvermutung erleichtert (siehe oben 2.2), nach der zu Gunsten des Gläubigers vermutet wird, dass die sich im Besitz eines oder beider Ehegatten befindlichen beweglichen Sachen dem (Vollstreckungs-)Schuldner gehören (§ 1362 BGB i.V.m. § 739 ZPO). Dies gilt nicht für die ausschließlich im persönlichen Gebrauch eines Ehegatten befindlichen Sachen.