Frankreich: Internationales Erbrecht

Im französischen Internationalen Privatrecht bestimmt sich das maßgebliche Erbrecht nach dem Wohnsitz (zu „Domizils“, Staudinger/Dörner, Anh. Art. 25 EGBGB, Rn. 241) des Erblassers zum Todeszeitpunkt ohne Beachtung von Staatsangehörigkeiten.

Unbewegliches Vermögen unterliegt allerdings den Grundsätzen des Lagerechts („Nachlassspaltung“). Wegen der Anknüpfung im deutschen Recht insgesamt (Art. 25 Abs. 1 EGBGB) an die Staatsangehörigkeit kann in diesem Bereich bei deutschen Staatsangehörigen mit Wohnsitz in Frankreich für ihr bewegliches Vermögen schnell ein Entscheidungsdissens entstehen. Erben könnten den jeweils günstigeren Gerichtsort (Deutschland oder Frankreich) wählen.

Auch umgekehrt, also beim Nachlass eines in Deutschland lebenden Franzosen, kommt es beim beweglichen Vermögen zu einem hinkenden Rechtsverhältnis. Beide Staaten erkennen nämlich den Rückverweis an, d. h. sie nehmen in ihrem Internationalen Privatrecht eine Gesamtverweisung auf das ausländische Privatrecht vor (Deutschland im Übrigen unbeschränkt, Art. 4 Abs. 1 S. 1 und 2 EGBGB; Frankreich nur Rückverweis – kein Weiterverweis auf dritte Rechtsordnungen.

Für den Franzosen in Deutschland gilt über den Staatsangehörigkeitsrechtsverweis nach Art. 25 Abs. 1 EGBGB und den Rückverweis aus dem französischen Internationalen Privatrecht über das dortige Wohnsitzprinzip für bewegliches Vermögen vor einem deutschen Gericht deutsches Recht. Frankreich gelangt hierbei, über das Wohnsitzprinzip (Ergebnis zunächst: deutsches Recht) und von dort über den Rückverweis nach Art. 25 Abs. 1 EGBGB ins französische Staatsangehörigkeitsrecht, zum französischen Recht.

Beispiel:
Verstirbt ein Franzose mit Wohnsitz in Deutschland, wird jedes deutsche Gericht deutsches Erbrecht auf sein gesamtes bewegliches Vermögen anwenden (Verweis in das französische Staatsangehörigkeitsrecht des Erblassers einschließlich Internationales Erbrecht und von dort wegen des Wohnsitzprinzips Rückverweis auf dessen deutsches Wohnsitzrecht).

Ein angerufenes französisches Gericht würde französisches Erbrecht anwenden (Verweis auf das deutsche Wohnsitzrecht und Rückverweis auf das französische Staatsangehörigkeitsrecht). Da die gesetzliche Erbfolge sich unterscheidet, ist eine in beiden Staaten anzuerkennende testamentarische Regelung notwendig, die es unattraktiv macht, nur um des eigenen Vorteils willens ein Gericht in einem der beiden Staaten anzurufen, das eine günstigere Entscheidung verspricht.

Lediglich beim unbeweglichen Vermögen besteht beim französischem Grundbesitz immer Übereinstimmung, sowohl für den in Frankreich lebenden Deutschen als auch für den in Deutschland lebenden Franzosen. Denn die französische Nachlassspaltung wird durch das deutsche Einzelstatut des Art. 3 Abs. 3 EGBGB immer als besondere Vorschrift für ausländisches Vermögen im Lagestaat anerkannt. Für deutschen Grundbesitz gilt das in dieser Allgemeinheit nicht:

  • Das deutsche Grundstück eines in Deutschland wohnhaften Franzosen vererbt sich aus deutscher Sicht nach deutschem Recht
  • Das deutsche Grundstück eines in Deutschland wohnhaften Franzosen vererbt sich aus französischer Sicht mangels ausdrücklicher Nachlassspaltung im deutschen Recht nach französischem Recht.