Erbrecht der nichtehelichen Kinder

Die erbrechtliche Situation nichtehelicher Kinder hat sich im Lauf der letzten Jahre immer wieder geändert.

Es musste hier unterschieden werden zwischen der erbrechtlichen Beziehung nichtehelicher Kinder gegenüber der Mutter bzw. gegenüber dem Vater.

Es wurden sowohl die Vorschriften über das gesetzliche Erbrechts des nichtehelichen Kindes gegenüber dem Vater als auch das Erbrecht des nichtehelichen Vaters gegenüber dem Kind in den letzten Jahrzehnten mehrfach geändert.

Seit dem 01.04.1998 gilt das volle Erbrecht des nichtehelichen Kindes gegenüber dem Vater. Seit dem 01.04.1998 hat auch der nichteheliche Vater gegenüber dem nichtehelichen Kind ein Erbrecht. Diese Regelung gilt für alle Erbfälle, die nach dem 31.03.1998 eingetreten sind (Gesetz zur erbrechtlichen Gleichstellung nichtehelicher Kinder vom 16.12.1997 – ErbGleichG Komm, BGBl I 2968).

Das bis dahin geltende Recht ist anzuwenden für alle Erbfälle, die vor dem 01.04.1998 eingetreten sind.

Die Vereinbarung über einen vorzeitigen Erbausgleich, der bis dahin erfolgte, bedurfte zu seiner Wirksamkeit der notariellen Beurkundung gemäß § 1934 d Abs. 4 Satz 1 BGB a. F., bzw. einer gerichtlichen Entscheidung.

Hinsichtlich der nichtehelichen Kinder ist anzumerken, dass für diese kein neues Erbrecht geschaffen worden ist, wie gelegentlich auf Intenetseiten zu lesen ist, sondern, dass lediglich Ausnahmen, die die nichtehelichen Kinder betrafen, aufgehoben wurden, deshalb wurden die §§ 1934 a, 1934 b, 2338 a BGB a. F. ersatzlos gestrichen. Gleichfalls wurde das Rechtsinstitut des vorzeitigen Erbausgleichs gestrichen. Er ist seit dem 01.04.1998 vollständig entfallen. In einer jüngst ergangenen Entscheidung wurde festgestellt, dass ein durch Urteil entschiedener vorzeitiger Erbausgleich nicht durch eine nachträgliche Vereinbarung aufgehoben werden kann. Dem Vater und dem nichtehelichen Kind ist die diesbezügliche Disposition entzogen worden. Wenn der Vater wünscht, dass das nichteheliche Kind, welches das Urteil hinsichtlich des vorzeitigen Erbausgleiches erwirkt hat, erben soll, muss dies testamentarisch geschehen.

Gleichfalls wurden die §§ 5 und 10 Höfeordnung entsprechend geändert.

Bis zur gesetzlichen Regelung am 21.07.2010, veröffentlicht mit dem zweiten Gesetz zur erbrechtlichen Gleichstellung nichtehelicher Kinder vom 12.04.2011, BGBl. I, S. 615, war es so, dass nichteheliche Kinder, die vor dem 01.07.1949 geboren waren, gegenüber ihrem nichtehelichen Vater kein Erbrecht hatten.

Das Bundesverfassungsgericht hatte noch in seinem Beschluss vom 20.11.2003 ausgeführt was folgt:

„Es ist mit dem Grundgesetz vereinbar, dass den vor dem 01.07.1949 geborenen nichtehelichen Kindern kein Erbrecht nach ihrem Vater zusteht.“

Diese Entscheidung hielt der Nachprüfung nicht stand.

Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg (EGMR) vom 28.05.2009 ist in einem Einzelfall entschieden worden, dass die erbrechtliche Benachteiligung der vor dem 01.07.1949 geborenen nichtehelichen Kindern gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt.

Die Auswirkung dieser Änderung ist, dass alle nichteheliche Kinder, die vom 01.07.1949 geboren sind, auf jeden Fall für Erbfälle ab dem 29.05.2009 erbrechtliche Ansprüche und Pflichtteilsansprüche sowie Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend machen können.

Es stellt sich allerdings die Frage, ob das zweite Gesetz zur erbrechtlichen Gleichstellung nichtehelicher Kinder vom 12.04.2011 erneut einer gerichtlichen Überprüfung standhält.

Die Gesetzeslage sieht nämlich vor, dass dies nur für Erbfälle ab dem 29.05.2009 gelten soll und alle davor liegenden Erbfälle unberührt bleiben sollen.

Die Auswirkungen sind für den Fall, dass es tatsächlich nur bei Erbfällen ab dem 29.05.2009 bleiben soll, relativ gering. Es muss nämlich hierbei bedacht werden, dass für Erbfälle, die im Zusammenstehen mit den neuen Bundesländern, es bereits für Kinder, die vor dem 01.07.1949 geboren waren, eine andere Regelung galt.

Der Personenkreis, der jetzt angesprochen wird, setzt voraus, dass, unterstellt der Erblasser zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes 18 Jahre alt war, dies Erblasser, die 78 Jahre alt gewesen sein müssen zum 28.05.2009.

Deutlich größer wird der Personenkreis dann, wenn tatsächlich festgestellt werden sollte, dass die Regelung generell unwirksam gewesen sei.

Hoch spannend wird die Frage, wenn es zu einer Rückwirkung kommen sollte im Hinblick auf erbrechtliche Positionen. Es käme dann dazu, dass zahlreiche Erbscheine wegen Unrichtigkeit auf Antrag eingezogen werden müssten.

Ob und inwieweit dies tatsächlich geschehen wird, ist vollkommen offen.

Für sog. Scheinerben gäbe es dann im Falle des Regresses immer noch die Möglichkeit, sich gegebenenfalls auf Entreicherung zu berufen.