Ausgleichung

Lebzeitige Zuwendungen des Erblassers an Abkömmlinge, ausdrücklich werden hier nicht abgehandelt. Zuwendungen an Dritte, können sich auf verschiedene Weise auf den Erbfall auswirken.

Der Erbteil, nicht zu verwechseln mit Erbquote, eines Abkömmlings kann sich ändern, wenn der Abkömmling vom Erblasser bereits ausgleichungspflichtige Vorempfänge erhalten hat.

Eine Ausgleichung ist vorzunehmen, wenn, wie oben ausgeführt, Abkömmlinge zu Lebzeiten des Erblassers von diesem Vorempfänge erhalten haben, die entweder aufgrund Gesetzes § 2050 Abs. 1, Abs. 2 BGB oder durch Anordnung des schenkenden Erblassers ausgleichungspflichtig sind, § 2050 III BGB.
Ausgleichung bedeutet, dass es unter den Miterben dann zu einer Verrechnung des Vorempfangs mit dem Auseinandersetzungsanspruch des beschenkten Erben kommt.

Eine hohe Schenkung führt jedoch nicht dazu, dass eventuell eine Nachschusspflicht entsteht. Wenn allerdings ein Miterbe derart hohe ausgleichungspflichtige Zuwendungen erhalten hat, die seinen Auseinandersetzungsanspruch übersteigen, kann es dazu kommen, dass der Erbe aus dem Nachlass nichts mehr erhält.

Interessant hierbei ist allerdings, dass der Erbe zwar aus dem Nachlass nichts mehr erhält, aber trotzdem für Nachlassverbindlichkeiten vollumfänglich haften kann.

Zu beachten ist, dass die Vorschriften über die Ausgleichung nicht zwingender Natur sind. Danach kann der Erblasser eine kraft Gesetzes als ausgleichungspflichtig angesehene Ausstattung als nicht ausgleichungspflichtig anordnen, wobei der Ausschluss dieser Ausgleichung sich nur auf den gesetzlichen Erbteil beziehen kann, dies aber nicht zu Lasten eines Pflichtteilsberechtigten gelten kann.

Es ist also strickt zu trennen zwischen der Ausgleichung bei gesetzlicher Erbfolge und der Ausgleichung im Rahmen des Pflichtteilsrechts.

Die Ausschlagungsvorschriften im Bereich des Pflichtteilsrechts schlagen selbstverständlich auch durch bei der Berechnung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen.

Um diese Vorschriften ein wenig zu verdeutlichen, soll dies an einem einfachen Beispielsfall dargestellt werden:

Erblasser E hinterlässt drei Abkömmlinge, K1, K2 und K3.

Der Nachlass hat einen Wert von 1 Mio. €. Das Kind K1 hat bereits zu Lebzeiten 2 Mio. € als ausgleichungspflichtige Zuwendung erhalten.

Kind K2 hat seine Steuer nicht bezahlt, sodass das Finanzamt den Erbteil von Kind K1 pfändet.

Es stellt sich die Frage, ob die Pfändung des Finanzamts auf den Erbteil dem Finanzamt überhaupt etwas bringen wird.

Das Finanzamt ist wohl davon ausgegangen, dass K1 Erbe zu 1/3 ist und somit ihm ein Erbteil von 1/3 zusteht. Bei einem Nachlasswert von 1 Mio. hätte somit Kind K1 einen Anteil in Höhe von 333.333,00 €.

Diesen Betrag hat sich wohl das Finanzamt erhofft.

Nachdem allerdings die Kinder K1 und K2 Wert darauf legen, dass die Ausgleichung durchgeführt wird, ist wie folgt zu rechnen:

Die Ausgleichung ist dem Nachlass hinzuzurechnen. Der Nachlass beträgt somit 1 Mio. €, die tatsächlich im Nachlass sind, so wie die 2 Mio. €, die als Ausgleichungspflichtige Schenkung erfolgt sind, somit haben wir hier einen rechnerischen Gesamtnachlass von 3 Mio.

Hierauf muss sich Kind K1 seinen Vorempfang von 2 Mio. voll anrechnen lassen, sodass sein Erbauseinandersetzungsanspruch 0 ist. Die Pfändung des Finanzamts geht somit ins Leere.

Festzustellen ist, dass Kind K1 zwar Erbe zu 1/3 ist aber aus dem Nachlass wegen der Ausgleichung nichts erhält.

Es stellt sich nunmehr die Frage:

Was sind von Gesetzeswegen ausgleichungspflichtige Zuwendungen?

Hier ist ein Blick zu richten auf § 1624 BGB.

§ 1624 BGB lautet:

Was einem Kind mit Rücksicht auf seine Verheiratung oder auf die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung zur Begründung oder zur Erhaltung der Wirtschaft oder der Lebensstellung von dem Vater oder der Mutter zugewendet wird (Ausstattung), gilt nur insoweit als Schenkung, als die Ausstattung das den Umständen, insbesondere den Vermögensverhältnissen des Vaters oder der Mutter, entsprechende Maß übersteigt.

In der Praxis sind Ausgleichungen was folgt:

– Die Einrichtung eines Handwerkbetriebs
– Übertragung von Wertpapieren mit hohen Zinsen
– Einräumung einer Teilhaberschaft im väterlichen Betrieb
– Wohnungseinrichtung anlässlich der Heirat
– Kapitalzuwendung zur Errichtung einer Immobilie, die als Familienwohnheim dient

Schwierigkeiten bereitet es nur dann, wenn es Schwierigkeiten gibt, ob diese Zuwendung eine Unterhaltsverpflichtung ist oder eine Schenkung oder eine Ausstattung. Zusätzlich ist auch noch zu differenzieren, wenn bspw. die Ausstattung sehr reichhaltig ausfällt, sodass diese dann aufzusplitten ist in eine Ausstattung und einen Schenkungsanteil.

Es ist festzustellen, dass von Seiten der Gerichte keine einheitliche Linie feststellbar ist. Dies ist aber nicht dadurch bedingt, dass die Rechtslage unklar ist, sondern dass sich jeder einzelne Sachverhalt wiederum unterscheidet.

Wenn der Erblasser verstirbt und einen Ehepartner hinterlässt, dann ist generell wie folgt zu rechnen:

Der Erblasser/in hinterlässt diesmal seinem Ehepartner EP und wiederum seinen drei Kindern K1, K2 und K3. Der Nachlass beträgt diesmal 600.000,00 €.

Das Kind K1 hat einen ausgleichungspflichtigen Vorempfang in Höhe von 100.000,00 € erhalten und Kind K3 wurde auch beschenkt und zwar auch mit einem ausgleichungspflichtigen Geschenk in Höhe von 80.000,00 €.

Der Erblasser E und sein Ehepartner EP lebten im Güterstand der Gütertrennung. Der Erblasser E hatte keine letztwillige Verfügung in Form eines Testaments oder eines Erbvertrages hinterlassen.

Die Aufteilung des Nachlasses in Höhe von 600.000,00 € ist wie folgt vorzunehmen:

Der Ehepartner erhält vorab seinen Erbteil in Höhe von ¼ aus 600.000,00 €, somit 150.000,00 €.

Für die Kinder K1, K2 und K3 beträgt der ihnen zustehende Nachlass 450.000,00 €. Es wird nunmehr die Vorempfänge von Kind K1 in Höhe von 100.000,00 € und Kind K2 und K3 in Höhe von 80.000,00 € hinzugerechnet, sodass sich der Ausgleichungsnachlass beläuft auf 630.000,00 €.

Diese ist dann wiederum durch die Anzahl der Kinder zu teilen, sodass an sich jedem ein Betrag von 210.000,00 € zustehen würde.

Bestehen aber bloß 450.000,00 € zur Verfügung, ist wie folgt zu rechnen:

Das Kind K1 muss sich von seinem rechnerischen Auseinandersetzungsanspruch von 210.000,00 € 100.000,00 € abziehen lassen, sodass es dann aus dem Nachlass nur noch 110.000,00 € erhält. Das Kind K3 muss sich von seinem Auseinandersetzungsanspruch von 210.000,00 € 80.000,00 € abziehen lassen und erhält somit nur noch 130.000,00 € und Kind K2 bekommt seinen Auseinandersetzungsanspruch von 210.000,00 €.

Wenn der Erblasser E seinen Ehepartner oben zum Alleinerben eingesetzt hätte, wären die Kinder von der Erbfolge ausgeschlossen. Der Pflichtteil ist die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Somit würde Kind K1 55.000,00 € erhalten, Kind K3 65.000,00 € und Kind K2 105.000,00 € erhalten.

An diesem Beispiel ist gut zu erkennen, dass hier nicht einfach schlicht die Pflichtteilsquote umgelegt werden kann auf den realen Nachlass.

Die Erbrechtskanzlei Eulberg und Ott-Eulberg, Fachanwälte für Erbrecht und Spezialisten im privaten Erbrecht, unterstützen Sie sowohl bei der Durchsetzung von Pflichtteilsansprüchen als auch bei der Abwehr.

Zudem entwickeln wir Konzepte zur Reduzierung/Vermeidung von Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüchen.